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Nur noch "aus Anstand" im Jena-Stadion
 
DDR-Fußball-Idol Peter Ducke: Der Fußball ist heute nicht mehr seine Welt

Mit seinen Dribblings verzauberte Peter Ducke einst eine ganze Generation. Seinen 80. Geburtstag feiert der „Pelé des Ostens“ ganz im Stillen.

Aktualisiert: 13.10.2021, 15:45
Peter Ducke sitzt bei einem DDR-Länderspiel 1974 auf der Ersatzbank.
Peter Ducke sitzt bei einem DDR-Länderspiel 1974 auf der Ersatzbank. (Foto: imago/Werner Schulze)

Magdala/dpa/sid - Es ist still geworden um Peter Ducke. Mittlerweile ist das Fußballidol einer ganzen Generation in einem Mehrfamilienhaus im thüringischen Magdala angekommen. Zusammen mit Ehefrau Marion lebt er dort in einer kleinen Dreizimmerwohnung nahe Autobahn und Edeka-Markt. Es geht ihm gut. Nur, dass er manchmal einige Dinge mehrfach sagt, aber das bringt das Alter eben so mit sich.

„Ich merke das ja selber. Meiner Frau sage ich dann, ich will es dir nur immer wieder sagen, dass du es dir merkst“, sagt Ducke und lacht laut. Nach 80 Jahren - Ducke feiert am Donnerstag seinen runden Geburtstag - stünde ihm das zu. Es macht ihm auch nichts aus, denn es tut ja nicht weh. Auch wenn seine Ehefrau es genauer wissen wollte und Ducke daraufhin zum Arzt musste.

„Ich war mit meiner Frau beim Psychologen. Sie wollte es genau wissen, denn sie hatte Angst um mich. Anderthalb Stunden haben die mich ausgefragt und ich musste Zahlen rückwärts aufsagen“, berichtet Ducke. Herausgekommen ist nur eine Diskussion um seinen Führerschein.

DDR-Fußballer Peter Ducke war für sein Temperament bekannt

Seinen Geburtstag will er feiern. Ruhig und gelassen, wie der einst für sein unbändiges Temperament bekannte Ducke heutzutage alles macht. Marion hat das organisiert.

„Im Grunde mache ich kaum etwas. Es sind einige Gäste da, die ich von früher kenne. Mitspieler nicht mehr so viele, denn einige sind ja schon gegangen. Da sind noch Harald Irmscher, Rainer Schlutter und Lothar Kurbjuweit mit denen ich gespielt habe. Die haben soweit sie können auch alle zugesagt“, sagt der einstige Stürmer. Gefeiert wird nahe Jena in einem Gasthof. Natürlich in blau-gelb-weißem Ambiente, den Farben des FC Carl Zeiss Jena. Seinen Farben.

Peter Ducke als DDR-Nationalspieler 1976.
Peter Ducke als DDR-Nationalspieler 1976.
(Foto: imago/Sven Simon)

Fußball hat ihn nie losgelassen, Geheimnisse gibt es aber nicht mehr. „Es ist alles gesagt“, betont Ducke. Im Ernst-Abbe-Sportfeld war er schon lange nicht mehr. „Ich gehe aus Anstand noch zu Spielen, muss aber immer überlegen, ob es sinnvoll ist, mich da hinzusetzen und zu palavern. Ich wüsste nicht worüber. Ich habe 20 Jahre mit meinem Bruder Fußball gespielt. Das ist vorbei. Es ist nunmal die Zeit des Kommens und Gehen. Einige haben sich ja schon verabschiedet.“

Für viele Beobachter hat Ducke nicht einfach Fußball gespielt. Er hat ihn zelebriert. Der „schwarze Peter“, so genannt wegen seiner dunklen Haarpracht, hat als Fußballer fast alles gesehen und fast alles erlebt. Dreimal Meister und Pokalsieger, Sportler und Fußballer des Jahres, Torschützenkönig, WM-Teilnehmer 1974 sowie Bronze bei Olympia 1972 in München.

Der „schwarze Peter“: Nicht nur Uwe Seeler würdigte Peter Ducke

Der „Spiegel“ bezeichnete Ducke einst als „unbekanntesten deutschen Fußballer von Weltrang“. „Du, lieber Peter, warst schon ein ganz Großer“, schrieb ihm einst Uwe Seeler und der „Kicker“ wählte ihn als einzigen Ostdeutschen in seine Top Ten des 20. Jahrhunderts.

Und selbst der große Pele staunte nicht schlecht. Mit starkem Interesse verfolgte Brasiliens Fußball-Ikone bei der Südamerikareise der ehemaligen DDR-Auswahl den jungen Peter Ducke, der den Ball mit den Füßen ähnlich streichelte wie er selbst. „Dieser Mann“, schwärmte Pele damals, „gehört zu den zehn Besten der Welt.“ Auf dieses Lob angesprochen, antwortete Ducke einmal fast unbeeindruckt: „Was die Südamerikaner in die Wiege gelegt bekommen, das hatte ich auch.“

Peter Ducke, hier 2019 unterwegs bei Carl Zeiss Jena.
Peter Ducke, hier 2019 unterwegs bei Carl Zeiss Jena.
(Foto: imago images / Karina Hessland)

Bruder Roland hatte ihn einst zu Motor Schönebeck geholt. Dort war die Familie nach dem Krieg gestrandet. Der 2005 verstorbene Roland Ducke, das Vorbild, ist immer präsent. Jeden Tag. „Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an die Familie denke. Zwei Brüder sind im Krieg geblieben, meine große Schwester starb mit 96 Jahren. Es sind nur noch zwei übrig. Mein kleiner Bruder und ich.“

Peter Ducke kann sich mit dem Fußball nicht mehr identifizieren

Fußball und gerade Carl Zeiss Jena sind aktiv aber nicht mehr seine Welt. „Im Grunde mache ich da gar nichts mehr. Ich habe mit bestimmten Dingen abgeschlossen. Schaue da raus und gehe nicht mit Wehmut oder Zorn dort hin. Im Fußball hat sich alles gewandelt. Ich komme damit klar, kann vieles aber nicht verstehen“, sagt Ducke. „Es ist alles anders geworden, identifizieren kann ich mich damit nicht.“ Die Frage, ob er einen einzigen aktiven Jena-Spieler kennt, kontert er rasch mit: „Kennen Sie einen?“

Schwärmen kann er aber auch. Vom Wilden Westen, von Westernfilmen und alles was mit großer Freiheit und Abenteuer zu tun hat. „Früher, auch wenn wir im Ausland zu Spielen waren, bin ich abends oft ins Kino. Egal, in welcher Sprache das war, man erkennt bei einem Western ja, worum es geht. Der gute hat immer gesiegt und es ging um Gerechtigkeit.“ Heute spielt Ducke regelmäßig Wild-West-DVDs ab. „Ab und zu lege ich einen Film ein. Rio Bravo mit John Wayne schaue ich gerne. Das war immer meine Welt.“